ACETYLEN (C2H2): HEISS BRENNENDES MULTITALENT
Organische Syntheseprozesse, u.a. die Herstellung von Kunststoff-Halbleitern, sind ein Anwendungsfeld für Acetylen. Bei der Produktion von PVC, Duft- und Aromastoffen und Vitamin A kommt es ebenfalls zum Einsatz. Aber auch, wenn es um autogenes Schweißen und Schneiden, das Abscheiden von Diamant-, Graphit- oder Polyacetylenschichten oder die Herstellung von Nanoröhren geht, ist Acetylen im Spiel.
Acetylen war eines der ersten Gase, die industriell hergestellt wurden und eine breite Verwendung fanden. Um die vorletzte Jahrhundertwende erfreute es sich besonders als Lichtquelle, aber auch zum Heizen und Kochen großer Beliebtheit. „Die Schönheit und Helligkeit des Acetylenlichts fiel gegen die Petroleum- und Gasbeleuchtung auf, ebenso die Einfachheit und Sicherheit meines Acetylenentwicklers“, bemerkte Adolf Messer, der 1898 sein erstes Unternehmen zur Herstellung von Acetylen und der zugehörigen Anwendungstechnik gegründet hatte.
Doch schon wenige Jahre später begann der Siegeszug der Elektrizität, und Acetylen wurde für die Beleuchtung nicht mehr gebraucht. Der Firmengründer reagierte schnell und verlegte sich auf die Schweiß- und Schneidtechnik.
Acetylen ist das Brenngas mit der höchsten Flammentemperatur und dem niedrigsten Sauerstoffbedarf. Damit ist es besonders gut für das autogene Schweißen und Schneiden geeignet. Das Gas neigt allerdings dazu, unter bestimmten Bedingungen explosionsartig in seine Bestandteile Kohlenstoff und Wasserstoff zu zerfallen – auch Selbstzerfall genannt. Stahlflaschen für Acetylen sind deshalb mit einer hochporösen Masse gefüllt, die ein Lösungsmittel wie Aceton aufnimmt, in welchem das Gas sicher gelöst ist.
Das Wort Acetylen ist eigentlich ein veralteter Begriff, der sich in der Metalltechnik aber hartnäckig behauptet. Die wissenschaftlich korrekte Bezeichnung lautet Ethin. Unter diesem Namen wird das Gas zum Beispiel in der chemischen Industrie bei Syntheseprozessen für die Kunststoffherstellung eingesetzt.
Ob Ethin oder Acetylen – die Geschichte des C2H2 ist ein Musterbeispiel für den stetigen technischen Wandel in der Anwendung von Gasen: Heute spielt es nicht zuletzt in der Herstellung von Kunststoff-Halbleitern für die Mikroelektronik und in der Nanotechnologie eine wichtige Rolle.
Elementsymbol:
C2H2
Vorkommen:
Kein natürliches Vorkommen auf der Erde, aber in der Atmosphäre des Jupiters sowie in interstellarer Materie
Siedepunkt:
- 83,8 °C
Zündtemperatur:
in Luft: 305 °C
in Sauerstoff: 300 °C
Explosionsgrenzen:
in Luft: 2,3 – 78 Vol.-%
Chemische Eigenschaften:
Farbloses, brennbares Gas, in reiner Form geruchlos; in der Praxis wegen technisch bedingter Verunreinigung nach Knoblauch riechend
Herstellung:
Hochtemperaturpyrolyse von Benzin (bei 1.500 °C) oder Erdgas (bei 2.000 °C) oder Reaktion von Kalziumkarbid mit Wasser